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Malte Klingenhäger Kurzgeschichte: Auflösung

An manchen Tagen ist der Druck zu glauben, sich für sein Leben rechtfertigen zu müssen, stärker als an anderen. Meist sind es grade die Tage, an denen nichts Bemerkenswertes passiert. So als wären grade die Dinge, die einen nachdenklich werden lassen sollten, in Wahrheit die, die einen vom Denken abhalten. Ich sehne mich nach dem Tag zurück, an dem dies anders war. Aber bis ich wieder da bin, hechel ich der Zerstreuung hinterher.

Die Verlage warnten, die Umwälzungen würden sonst sichere Arbeitsplätze vernichten. Der Autor löse sich nun wirklich auf, behaupteten die Philosophen. Das letztere damit sogar recht behielten, bezweifelte Anne inzwischen nicht mehr. Sie wusste, dass Erdan den interessantesten Tod seit langem gestorben war.

Tiefer als 5000 Meter muss ich heute nicht. Muss ich nie. Tiefer geht es nur für berühmte Regisseure oder Tauchroboter. Ich bin Ingenieurin, ich teste diese Tauchboote bloß. Ich teste sie für Leute wie meinen Mann, den Meeresbiologen, der sich in den Nächten vor meinen Tauchgängen jedes Mal nervös an mich klammert, als würde er mich bald für immer verlieren.

An was ich mich allerdings noch deutlich erinnere, ist, wie ich dann dort saß, im leeren Raum. Allein, auf dem Lehrersessel am Lehrerpult vor dem Lehrercomputer, in stiller Einkehr und noch mindestens fünf regungslose Minuten, in denen ich diese Stunde das erste Mal rekapituliert habe, um herauszufinden, was zum Henker da eigentlich passiert ist.

Malte Klingenhäger Kurzgeschichte: Der Bär

Es war einer von diesen Abenden, einer von diesen gewöhnlichen. So einer, wo es hauptsächlich dunkel ist und Menschen wie Sie und ich Dinge tun, an die wir uns ein paar Tage später schon nicht mehr erinnern können. Besonders war der Abend nur für die Leute im Pianissimo, dem größten Theater der Stadt, dessen große Leuchtreklame Vorausdeutungen der wilden Geschäftigkeit in die Dunkelheit schrie, die in ihm herrschte.