Dierk Seidel
Die Zwischenzeit
ein Text für das Café SpecOps network (18.09.2023)
Es ist Herbst.
Die Sonne scheint. 25 Grad. Das ist normal. Heutzutage.
Der Weg führt mich durch schmale Gassen vom Bahnhof zum Aegidiimarkt.
Vor kurzem war hier noch eine Baustelle.
Und nun ist hier die Quelle
aus Bier, Kuchen und Glückseligkeit.
Ich sitze draußen.
Das ging früher nur schlecht. Wenig Platz. Ein schmaler Fußweg. Im Frühjahr 2020 machte das alte SpecOps dicht.
Ich sitze draußen.
Blicke vom neuen SpecOps auf die gelben Verkleidungen des Volkshochschulgebäudes.
Mein Blick schweift nach rechts.
Eine Frau sitzt da. Wir zögern kurz und grüßen dann.
Im alten SpecOps kannten wir uns.
Ich suche kurz und folge ihr auf Instagram.
Sie folgt mir schon. Wie lang?
Film, Literatur und Kuchen – damals die Verbindung.
Ein Mann mit Hut, ich kenne ihn gut, kommt raus, grüßt und fährt davon.
Auch ihn habe ich schon lange nicht gesehen.
Drinnen. Tischtennis, Kicker, Sofas, viel Platz, eine Karte mit tausenden von Bieren und immer wieder bekannte Gesichter.
Hier im neuen SpecOps tauchen nach dreieinhalb Jahren viele aus ihren Löchern auf.
Es ist nicht so, dass man sich in der Zwischenzeit nie gesehen hätte, aber eher unbewusst und selten. Corona steuerte einiges dazu bei.
Aber hier ist es anders.
Ich denke an den Film „Batman: The Dark Knight Rises“. Am Ende des Films sitzt Alfred Pennyworth, Batmans Butler, in einem Café in Florenz und der totgeglaubte Bruce Wayne sitzt einige Tische weiter. Sie bemerken sich. Sie nicken sich zu, und das war’s.
Eine großartige Filmtrilogie endet.
Das neue SpecOps aber fängt jetzt erst an.
Jonas und Nina treffen sich heute zum ersten Mal,
sitzen weiter hinten, im Schatten an ’nem Tisch,
trinken Radler.
Alles noch ganz frisch.
Und dennoch fühlt es sich wie früher an.
Ein Café, in dem ich schreiben will und schreiben kann.
Die letzten drei Jahre. Nicht vor und nach Corona,
sondern die Zeit zwischen altem und neuem SpecOps.
Wir sind wieder hier, sind bereit, freuen uns
und lösen uns
aus der Zwischenzeit.