Dierk Seidel
Alles andere als normal
Die Zeit rast und rast und ich merke, wie Normalität sichtbarer wird. Nichts ist normal. Aber was heißt schon normal? Ich sitze gerade in einem IC nach Leer, der nur in Rheine hält. Wie kann das sein? Wie großartig kann das sein? Aber normal ist das nicht.
Susanne wechselte die Straßenseite, als sie heute Morgen sah, dass ein riesiges Nashorn vor ihr stand. Das war ihr noch nie passiert. Sie hörte davon. In Münster sei so etwas normal, gerade hier an der Promenade. Aber glauben wollte sie es nicht so richtig. Sie wechselte also die Straßenseite und ging zum REWE einkaufen. Sie brauchte noch Teelichter. Bei Ikea waren sie gestern ausverkauft gewesen.
Paul zündete sich eine Zigarette an und hustete. Da stimmt doch irgendwas nicht. Ich rauche doch eigentlich gar nicht. Das ist der Stress, sagte seine Katze, die auf seiner rechten Schulter saß. Bitte was, fragte er und seine Katze schnurrte nur noch lässig.
Die Schlüssel zu unserer Garage passen mal so gar nicht, sagst du.
Seit wann haben wir denn mehrere Schlüssel? Ich habe noch nie gesehen, dass mehrere Schlüssel in eine Garage, nein Quatsch, in ein Schloss passen, sage ich.
Nein, doch nicht gleichzeitig, sagst du.
Ich frage mich immer noch, seit wann wir mehrere Schlüssel haben, sage ich.
Seitdem mal jemand das Garagentor geklaut hat, sagst du.
Wir haben also kein Tor mehr, in das ein Schlüssel passen kann, frage ich.
Irgendwo bestimmt, sagst du.
Die Katze schnurrt und springt von Dach zu Dach. Hier stimmt was nicht, das ist doch nicht normal, denkt sie, als ein IC hier in Rheine an ihr vorbeischwebt. Ich lege mich besser nochmal hin, denkt sie und legt sich hin.