Dierk Seidel

Aus der Reihe: Vom Schwitzen, Fallen und wieder Aufstehen

Part 2: Donots und Dierk, eine lange Einleitung und der Grand Summer Slam

Letzte Woche ist das Buch „Heute Pläne, morgen Konfetti“, die Bandbiografie über die Donots, geschrieben von Ingo Neumayer, erschienen. Nach zwei Tagen hatte ich die 357 Seiten durchgelesen. Ein gutes Buch, das einem die Bandgeschichte näherbringt und nochmal deutlich macht, wie lange die Band schon im Geschäft ist. Wobei Geschäft nicht das richtige Wort ist. Natürlich wird in der Biografie die geschäftliche Seite nicht ausgespart (erster Plattenvertrag, eigenes Label, Erfolge, Anknüpfen an alte Erfolge usw.), aber es wird auch sehr deutlich, dass die Leidenschaft für gute Musik immer der wesentliche Bestandteil war. Die Donots sind immer mit Herzblut dabei, und so habe ich auch nichts anderes erwartet als ein gutes Buch. Die Band arbeitet sehr detailverliebt an ihren Sachen und so finden neben der Bandhistorie und Anekdoten von befreundeten Musikern auch viele Bilder aus 27 Jahren Bandgeschichte ihren Platz. Ich empfehle, beim Lesen immer die passenden Alben zu hören.

Im letzten Jahr, kurz nachdem sich der Grand Summer Slam, das Open-Air-Festival der Donots in Ibbenbüren anlässlich ihres 25. Geburtstags, jährte, teilte ich meine Erinnerungen dazu auf Facebook und nun auch hier. Da die Donots in dem „Festivalbericht“ überraschenderweise gar nicht so viel Raum einnehmen, habe ich mir vorab, als eine Art Einleitung, ein paar Gedanken gemacht, wie ich zu den Donots gekommen bin und auf welchen Stationen der Bandgeschichte ich sie erleben durfte. 27 Jahre Bandgeschichte – bei der Gründung der Band war ich sieben Jahre alt. Es brauchte ein paar Jahre, bis ich angefixt wurde.

2003 sah ich die Donots das erste Mal beim nicht mehr existierenden Rock am Deich Festival. Damals war gerade „We’re not gonna take it“ der Hit und wir saugten die Band förmlich auf. Brille ins Etui und in die verschließbare Brusttasche und ab in die Menge. Danach habe ich die Donots ein wenig aus den Augen verloren, lag vermutlich daran, dass das Internet gerade erst im Post- 56k Zeitalter angekommen und Myspace einfach nicht so mein Ding war.

2009 waren die Donots Vorband der Hosen in Kiel. Nach ein paar Liedern war leider schon Schluss, und ich weiß noch genau, wie ich mir damals wünschte, dass sie noch etwas länger spielen würden.

Richtig schätzen und lieben lernte ich die Donots aber erst ab 2012. Vielleicht war es mein Umzug nach Münster. Das Lokalkolorit war vielleicht der Grund, dass es „Klick“ gemacht hat. Es folgten einige Konzerte und Festivals mit den Donots, so dass ich bis dato auf 13 Auftritte der Donots komme und jeder Auftritt war einfach nur stark. Vom kleinen Plattenladenkonzert bei Green Hell in Münster bis hin zu den Grandmünster-Slams (bester 30. Geburtstag!), die Donots sind einfach die Live-Band schlechthin. So viel Energie wie die Band auf den Konzerten ausstrahlt, müsste es für den Betrieb aller Rechenzentren der Welt zusammen reichen.

2019 traf mich ein persönlich tragisches Ereignis, ein Tiefpunkt, den ich erstmal verarbeiten musste. Aber es gab auch Höhepunkte, die mir halfen, das Jahr gut zu überstehen. Unter anderem ein Poetry Slam auf Plattdeutsch für den NDR im Norden Deutschlands. Aber auch die Musik im Allgemeinen, ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, half mir 2019 aus meinem Tiefpunkt heraus. Die Donots trugen ihren Teil dazu bei, dem Jahr weitere Höhepunkte zu verleihen.

Dazu zählen die beiden Donotskonzerte, die ich erleben durfte. Im April im Mehr!-Theater in Hamburg und im September beim Festival der Donots, dem Grand Summer Slam. Ursprünglich war auch noch das Deichbrandfestival 2019 geplant gewesen, bei dem die Donots gleich zwei Auftritte hinlegten, sodass ich mich mir regelmäßig von Freunden anhören kann, was ich doch für großartige Auftritte verpasst habe. Aber nun, der Grand Summer Slam war zusätzlich auch noch das letzte große Konzert, dass ich erlebt habe (yeah Corona) und bleibt daher umso mehr in guter Erinnerung.

Ich könnte noch viel mehr zu den Donots schreiben, aber letztlich war das gar nicht so geplant und es ist es ja nur eine lange Einleitung, um auf einen Text zu kommen, der nun folgt:

Vom 17. September 2020

Und da ist eben diese eine Woche. Man kann nicht mal sagen, dass diese Woche besonders gut oder besonders schlecht ist. Es ist eigentlich nur eine im September. Aberrr. Vergangenen Montag haben die Donots ganz viele Storys mit Videos zu ihrem kleinen Festival im vergangenen September gepostet.

Schon wieder ein Jahr her, dachte ich, und man war das schön. Man wusste nicht, welche Bands spielen würden und freute sich an sich über jede Band. Es waren alles gute Bands. So viel sei gesagt. Und ich erinnerte mich an so ein unbeschwertes Festival zurück und war etwas wehmütig, aber voll Freude, was für ein feiner Tag, das war, damals in Ibbenbüren. Auf dem Rückweg musste man in Rheine umsteigen, also war ich vor etwas mehr als einem Jahr bei McDonald’s. Das macht man scheinbar so nach einem Festival, wenn man in Rheine umsteigen muss, sagten mir ein paar Dudes im Zug. Es war dort recht voll und natürlich waren ein paar Schüler:innen da. Wir nickten uns verhalten zu.

Ich erinnerte mich an dem Abend an meinen Beginn in Rheine vor ein paar Jahren. Eines Nachmittags, es gab noch eine Abendveranstaltung, zu der ich länger in der Stadt bleiben musste, schaute ich bei McDonald’s rein. Und plötzlich rief ein ganz kleiner Fünftklässler:

„Guck mal, Mamaaaa, da ist mein Lehrer.“

Hätte er wenigstens, wie heute alle, eine Maske aufgehabt, wäre es nicht so peinlich gewesen, ihn nicht erkannt zu haben. Und wenn ich das zeitlich recht bedenke, könnte sogar jener kleine 5. Klässler, der ja nun ein paar Jährchen älter ist, mir wohlwissend vor etwas über einem Jahr zugenickt haben. Aber ich schweife ab.

Eine der Bands beim Grand Summer Slam der Donots war gar keine Band, sondern Thees Uhlmann mit Gitarre und nem Glas Rotwein. Ich wusste vorher, dass es ihn gibt. Hatte auch schon seinen Roman gelesen und das eine oder das andere gehört. Aber nach dem Festivalauftritt war ich Fan. Das Album Junkies und Scientologen kam eine Woche später raus und kurz danach ein sehr feines Buch von ihm über die Toten Hosen. Was will man mehr? Ich mag beides sehr. Ich habe ihm sogar einen Brief geschrieben, um ihm das etwas ausführlicher zu erzählen. Aber ob der angekommen ist?

Und just heute, in dieser schönen Woche im September bringt er ne Lesung in den Streamingportalen raus und das ist einfach mal schön.

Heute in der Schule hatte ich ein Donots T-Shirt vom Grand Summer Slam an. In blau. Und eine Schülerin sagte zu mir:

„Boa, Donots, ich hab mir die ja mal angehört, schrecklich!“

Und die andere so:

„Donots, die hört mein Vater:“

Und ich dann so:

„Ja, der hat eben Geschmack.“

Morgen ist dann auch schon Freitag und eigentlich beginnt damit ja die Woche erst richtig. Neue Musikveröffentlichungen kommen fast immer freitags. Diesmal ist die neue Dritte Wahl Platte dabei. Aber ob ich dann ein Dritte Wahl T- Shirt anziehe… wer weiß, wer weiß. Nur so viel, um zum Abschluss noch was ganz anderes, vielleicht mittlerweile ein wenig Abgedroschenes, zu zitieren: „Weißt du, was ich denke? Es müsste immer Musik da sein, bei allem was du machst.“