Ende des Jahres steht im Rahmen des Neue-Wände-Festivals eine Kooperation zwischen dem Debattierclub der Universität Münster und zwei Autoren des Kulturkaters an. Grund genug für uns Johanna Mai von den Debattierern ein paar Fragen zu ihrem Club zu stellen, der laut Wikipedia „zu den ältesten und [inzwischen] erfolgreichsten deutschsprachigen Clubs“ dieser Art zählt. Die 23 jährige Jurastudentin gewährt uns dabei einige Einblicke in das spannende Debattiererhandwerk .
Kulturkater: Auf den Punkt gebracht: Was bedeutet für dich persönlich das „Debattiererhandwerk“?
Mai: Das „Debattiererhandwerk“ bedeutet für mich, mit kurzer Vorbereitungszeit zu einem beliebigen Thema strukturiert, in guter und anschaulicher Sprache zu argumentieren.
Kulturkater: Was zeichnet den Debattierclub der Universität Münster aus?
Mai: Der Debattierclub Münster ist ein lebendiger und vielfältiger Club, mit einer angenehmen Atmosphäre, in der jeder die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten zu entdecken und auszuprobieren. Wir sind bestrebt, das Interesse für das Debattieren zu wecken und z.B. auch Schüler in die Kunst der Rede einzuführen.
Kulturkater: Gibt es einen bestimmten Typus des studentischen Debattierers?
Mai: Debattierer sind meist offene, vielfältig interessierte Studenten, die sich gerne mit gesellschaftlichen, politischen oder philosophischen Fragen auseinandersetzten.
Kulturkater: Mit welchen Erwartungen und aus welchen Gründen machen sie bei euch mit?
Mai: Die Gründe warum Leute zum Debattieren kommen sind vielfältig und ändern sich wohl auch im Laufe eines „Debattiererlebens“. Manche kommen, weil sie üben möchten, frei und vor Publikum zu sprechen, andere wollen sich thematisch auseinandersetzen. Alle die dabei bleiben eint die Freude an einer Debatte, in der es um inhaltliche Argumentation, wie auch um Auftritt und Sprachstil geht – und natürlich der Spaß am Reden.
Kulturkater: Oft wird die Mitgliedschaft von Debattierclubs als gute Übung für eine Karriere in der Politik oder Öffentlichkeitsarbeit dargestellt. Stimmt das, bzw. in welchen anderen Bereichen könnte einem diese Übung nutzen?
Mai: Das Debattieren schult natürlich das Reden und Auftreten. Sieben Minuten am Stück in freier Rede zu sprechen, das findet man sonst selten. Aber gleichzeitig, oder vielleicht sogar zuvor, verändert das Debattieren auch das Denken, die Herangehensweise an Themen. Durch die Auseinandersetzung mit den verschiedensten Themen erwirbt man ein tieferes Verständnis und ist gezwungen beide Seiten zu beleuchten. Dabei ist es notwendig zu fragen: „Was steht dahinter? Um welche Prinzipien geht es letztlich? Widerspreche ich dem Ziel oder teile ich es und lehne nur den Weg ab?“ Themen auf diese Art zu bearbeiten und die gefundenen Argumente strukturiert zu formulieren, hilft sicherlich jedem, der mit anderen Menschen im Austausch steht, für seien Ideen werben oder überzeugen möchte. So dass jeder, sei es als Lehrer in der Schule, als Theologe, Mediziner oder Naturwissenschaftler einen persönlichen Gewinn aus dem Debattieren ziehen kann.
Kulturkater: Im ersten Kapitel seines Buches „Der blinde Uhrmacher“ kritisiert der Evolutionsbiologe Richard Dawkins die Praxis, für eine Meinung zu argumentieren, von der man nicht überzeugt ist. Er kann sich das nicht vorstellen. Was würdest du ihm antworten?
Mai: Die Argumentation für eine fremde Meinung ist für mich die intensivste Auseinandersetzung mit diesem Standpunkt. Es gibt kaum ein Thema, bei dem sich nur Argumente für eine Seite anführen lassen. Und genau darin liegt der Reiz: zu schauen was für die jeweilige Seite steht. Wenn die extremen Gegenmeinungen aufeinander prallen, kristallisieren sich die großen Streitpunkte klar heraus. Das (imaginäre) Publikum einer Debatte soll nicht zu früh stehen bleiben und seine Meinung in eine bestimmte Richtung verfestigen, sondern sich nach Rede und Gegenrede für die Seite positionieren können, die es für vorzugswürdig hält.
Der Kulturkater dankt für das nette Gespräch!
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