Jonas Ohland

Nature One 2013 – A Time To Shine Teil 3: Dropgeschnetzeltes á la Zedd

Paul van DykEiner der wichtigsten Faktoren eines Festivals ist die Musik, darin unterscheiden sich die Genres nie. Und genau deshalb legen namhafte Veranstalter auch großen Wert auf ein namhaftes Lineup. Insgesamt spielten auf der Nature One über 300 DJs verschiedenster Bekanntheitsgrade, aber für besonders viel Zulauf sorgten große Namen wie Markus Schulz, Moguai, W&W, Paul van Dyk oder Zedd.

Wer sich ein wenig in der EDM-Szene auskennt, merkt bei diesen Namen schnell, dass der Fokus der Nature One eindeutig auf Trance und vergleichbaren Stilrichtungen wie progessive Electro House oder eben auch Hardstyle, Hardcore und Schranz liegt. Dass diese drei letztgenannten hart und schnell sind, hatten wir hier bereits geklärt, Trance habe ich euch jedoch noch nicht vorgestellt.

Trance als Wort beschreibt eigentlich schon ganz gut die Richtung. Klanglich fächert sich das Genre in wahnsinnig viele Facetten auf, doch ein bildliches Ziel verfolgen alle: Den Zuhörer in Trance zu versetzen. Gemeint sind damit beispielsweise sphärische Klanglandschaften zum geistigen Abdriften, statisches, schnelles Bassklopfen, um den Körper einzufangen ohne den Geist abzulenken, oder ein rasender Sturm euphorischer Melodien und Synthesizern, um den Floor zum Exzess zu führen. Man könnte Trance als die ursprüngliche Musikrichtung der Rave-Kultur bezeichnen, die mit ihrem Four-To-The-Floor-Beat erstmalig das exzessive Tanzen populär machte. Sie ist neben House sicherlich eine der ältesten Stilrichtungen der elektronischen Tanzmusik.

Auch wenn ein breites Angebot an Musikrichtungen vorhanden war, merkte man diesen Schwerpunkt auf der Nature One deutlich. Dubstep und Drum ‘n‘ Bass beispielsweise waren kaum vertreten und hätten bei all dem Trance auf dem Festival vermutlich sogar fehl am Platz gewirkt. Was ich zu Beginn der Festivitäten noch bedauert habe – doch im Nachhinein habe ich keine dieser Musikrichtungen vermisst, auch, wenn es die ein oder andere herbe Enttäuschung gab.

So fiel dieses Jahr eines ganz besonders auf, das eine unrühmliche, aber leider existente Mentalität der kommerzialisierten elektronischen Tanzmusik aufzeigt: das Klonen. Ich nenne sie gerne „Klonkrieger“ – die unverhohlenen Plagiate bekannter Tracks, mit denen immer wieder die Charts überschwemmt werden und mit denen das große Geld gemacht wird (Den Begriff prägten in diesem Zusammenhang Gimbal & Sinan, aber dazu mehr in einem anderen Bericht). Der Trend ist mir erstmals bei Avicii’s „Levels“ aufgefallen. Nachdem der Track populär wurde, tauchten plötzlich überall Titel auf, die (sehr) verdächtignach jenem Hit klangen. Umso ärgerlicher ist es, wenn auf einmal ein grauenhafter Stil geklont wird.

Den Stil, den ich meine, ist einer für den großen Floor mit potenten Lautsprechern. Nach einem epischen Buildup folgt ein auf das Essenzielle eingedampfter Drop: eine Mächtige, lang nachklingende Kickdrum mit ein paar Percussion-artigen Synthesizer Klängen darüber. Meiner Meinung nach jedes Mal eine Enttäuschung, da das einzig potente dieses Musters der Bass ist. Mit musikalischem Wirken hat das nichts zu tun. Und wie heftig das Klonen dieses Mal ablief? Das Producer-Duo Daleri durchkämmte ein paar Wochen lang immer wieder die Beatport-Charts (Beatport ist DAS Vertriebsportal für elektronische Musik) und stellte einen 60-Sekunden Mix aus 16 Tracks zusammen und gabe ihm den ironischen Titel: „Epic Mashleg“. Hört selbst einmal rein.

Auch der Nature-One-Titelsong war nach diesem Schema produziert worden. Und so gab es kaum ein Set, das nicht ein paar dieser „Antiklimax-Drops“ enthielt.

Doch es gab auch Ausnahmen. Der Name „Paul van Dyk“ sagt vielleicht dem Einen oder Anderen schon etwas – er gehört zu den absoluten Top-Vertretern der Trance-Szene. Neben Armin van Buuren und vielleicht Tiesto ist er einer der ganz großen Stützpfeilern der Tranceszene – und das seit vielen Jahren. Während seiner weltweiten Tours sammelte er bei der Lufthansa immerhin die zweitmeist geflogenen Kilometer überhaupt an. Der Name sagte mir bis dato zwar etwas, aber da ich mit Trance nicht viel am Hut hatte, konnte ich nicht viel zu dem Mann sagen.

Dann hörte ich sein Set. Man muss dazu sagen, dass er unmittelbar nach dem Auftritt der „NatureOne Inc“ spielte, die als Vertreter des Festivals einmal ordentlich ihre Muskeln spielen ließen, was die Visuals betraf. Die Lichtshow wurde komplett ausgebeutet und dazu gab es ein zehn Minuten langes Feuerwerk. Eine harte Vorlage, wenn man noch etwas drauf setzen möchte. Doch für den Altmeister des Trance schien das gar kein Problem zu sein. Die eineinhalb Stunden auf dem Floor glichen einer reinen Eskalation und das Genre machte seinem Namen alle Ehre. Bis dato war ich noch nie so nahe an die Definition eines Raves herangekommen wie bei diesem Act. Musik und Licht waren im Einklang und der DJ verlor nie den Anschluss an die Menge. Obwohl ich mich vorher noch nie so richtig für Trance begeistert habe, muss ich an dieser Stelle den Hut vor Paul van Dyk ziehen. Respekt Mann, den Ruhm hast du dir verdient.

Nicht ganz so gut punktete Zedd bei mir. Dieser Name sagte mir sehr wohl etwas. Der deutsche Produzent riss mich schon bei dem ersten Titel, den ich zu der Zeit auf YouTube gefunden hatte, absolut mit. Sein harter, unkonventioneller Stil im Bereich von Complextro und später mehr Electro House sagte mir sehr zu. In jüngerer Zeit konzentrierte sich Zedd mehr auch lungengängigere Lieder, die auch mal im Radio gespielt werden können, so etwa sein Titel „Spectrum“.

Die Enttäuschung bei seinem Auftritt war aber leider groß. Dass Zedd ein Vertreter des sogenannten „Power-Mixings“ war, hatte ich bereits gehört, Gimbal & Sinan hatten sich dazu ausgelassen. Beim Power-Mixing ist der DJ nicht nur von der Track-Auswahl und den Übergängen gefragt, sondern ebenfalls von der Frequenz seiner Songwechsel. Je kürzer ein Track gespielt wird, desto mehr Power. Zumindest der Theorie nach. In der Realität sah es so aus, dass kaum einer der mindestens sechs Minuten langen Titel länger als 45 Sekunden gespielt wurde. Man sprang mitten in den Buildup rein, spielte den Drop an und war schon wieder beim nächsten Titel. Dabei feierte Zedd alle wirklich bekannten Titel der Szene einmal kurz an, was mich nach den ersten dreißig Minuten vom Floor gescheucht hat. Aber gut, der großen Masse scheint es zu gefallen.
„7 Minutes Dead“, ein junger Electro House Produzent, hat es einmal sehr schön ausgedrückt. Eine freie Übersetzung: „In einem Lied herumzuspringen und nach dem Drop zu suchen ist, als würde man an die Stelle springen, wo Dumbledore stirbt und sich dann zu fragen, wer zum Teufel eigentlich dieser Harry-Junge ist.“

In diesem Sinne verabschiede ich mich für’s erste und hoffe, dass euch dieser Dreiteiler über die Nature zugesagt hat. Wer neugierig geworden ist darf sich gerne auch mal ein Set des Festivals antun. Be@ TV hat professionelle Aufnahmen einiger Sets zur Verfügung gestellt. Die von Paul van Dyk und Zedd sind bislang leider nicht dabei, ein Ohr sollte man trotzdem riskieren:

W&W 

NatureOne Inc.

Moguai

Clear Skies!
Ch3shire / Jonas Ohland

PS: Einen offiziellen Aftermovie gibt es mittlerweile auch:

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