Dierk Seidel

Kirchen, Fahrrad und ein Moin

Jede Person, die zu Besuch kommt, wird bei einem Spaziergang durch die Stadt geführt, vorbei an allen Kirchen, die man so auftreiben kann. Nach der St. Lambertikirche und der Überwasserkirche erreicht man das Antiquariat Solder, in dem Teile der Wilsberg-Krimis gedreht werden. Es folgt der unvermeidliche Satz:

„Guck mal, da drehen die immer Wilsberg.“

Die meisten meiner Freunde von außerhalb kennen Wilsberg nicht. Und ich frage mich, ob es obligatorisch ist, dass man mit ihm vertraut ist, sobald man hier lebt. Das Grummelige des Fernseh- und Romandetektivs schätze ich auf jeden Fall.

Samstagabends sind alle Spießer der Stadt zu Hause bereit, um bei Knabberzeug, Gemüsesticks und einem Pinkus Spezial die neusten Abenteuer von Wilsberg, Overbeck und Co mitzuerleben, anstatt tausend wilde andere Aktionen zu starten. Spießig sein passt ja auch ein wenig zur Stadt Münster, so sagt man. Alles irgendwie provinziell. Aber wer bin ich, als ostfriesischer Kleinstädter, über diese Gewohnheiten zu urteilen. Neben dem ach so prächtigen Prinzipalmarkt gibt es den Wochenmarkt, wo man natürlich jeden Samstag hinmuss und ich mich alle drei Monate, wenn ich es dann mal hingeschafft habe, frage, was ich hier soll. Diese Heiterkeit der Menschen, die über den Markt schlendern und es genießen, drei Stunden in einer Schlange für Kibbeling zu warten, ist mir ein Rätsel. Klar, das kann man machen, aber verstehen werde ich es nicht.

Hier in Münster und im Münsterland gibt es dennoch gewisse Parallelen zu Ostfriesland. An vorderster Stelle steht das Fahrradfahren. Beim Radfahren lässt es sich stundenlang schweigen, doch unterschätzt man Ostfriesen, wenn man sie mit dem Adjektiv schweigsam besetzt, schließlich kommt man bei einer Tour durch Ostfriesland kaum aus dem Quatschen heraus. Fährt man an einem Samstag durch ein Dorf, wird an jedem zweiten Haus Rasen gemäht. Nahezu geschwätzig heißt es dann mindestens zehnmal hintereinander:

„Moin.“

„Moin.“

Das fehlt im Münsterland.