Dierk Seidel

Wärmflasche und Wind

Ich schwinge mich auf mein treues blaues Batavusfahrrad und trete mächtig in die Pedale. Knartsch, knirtsch, knartsch. Die Kette bräuchte dringend Pflege, das weiß ich schon etwas länger, aber so fein mein Batavusrad ist, hat es doch den Nachteil, dass der Kettenschutz so dicht ist, dass sich der Laie da fragen könnte, wie die Kette überhaupt jemals Kettenfett verlieren kann. Es müsste doch alles im Kettenkasten zirkulieren.

Nun denn, demnächst werde ich den Kasten wohl mal aufschrauben müssen.

Mein Ziel ist heute der Aasee. Wie seit November, bis auf wenige Ausnahmen, immer samstags. Einmal rum, entweder mit dem Fahrrad oder zu Fuß und ein Foto knipsen. Immer das gleiche Motiv. Es gibt vielleicht spannendere Motive, aber es motiviert und hält wach. Meist variieren die Touren in der Länge dann sehr, so dass dieses Foto nur ein Anfang ist. In Anbetracht der Wetterlage wird es heute aber wohl keine so ausschweifende Fahrt.

Heute, bevor ich mich auf mein Fahrrad schwingen konnte, musste ich erstmal eine Wärmflasche befüllen. Mein Smartphone hat seit einiger Zeit die Angewohnheit, wenn die Betriebstemperatur nur leicht unter der Temperatur „gleich verbrenne ich mich“ ist, so dermaßen zu flackern, dass man das Telefon nicht mehr nutzen und erst recht kein Foto machen kann. Also Wärmflasche befüllen, Telefon in die Stoffhülle der Wärmflasche geschoben, alles in den Rucksack und hoffen, dass es die vier Kilometer warm genug bleibt.

Unterwegs fegt die eine oder andere Windböe ordentlich von der Seite und ich muss teilweise ganz schön gegensteuern. Kurz vor dem Freilichtmuseum sehe ich drei Pfauen in einem kleinen Gehege und würde sie gerne fotografieren, aber ich fürchte, dass die kurze Zeit schon zum Auskühlen reichen könnte.

Als Kind habe ich zeitweise Pfauen und Fasane verwechselt. Nun ja. Federn, zwei Beine, etwas bunt, sowas kann schon mal passieren. Damals bei Besuchen bei den Großeltern auf dem Land sah ich primär Fasane in der freien Wildbahn. Pfauen gab es nur im Zoo. Aber ich schweife ab.

Mittlerweile radele ich am Aasee in etwa auf Höhe des Zoos entlang. An manchen Samstagen kann man hier Tiere hören, wenn der Wind richtig steht. Heute nicht. Ich höre nur Wind.

An meiner Fotostelle ist nicht viel los. Das wäre ja noch schöner. Ich stelle mein Rad ab und hole Wärmflasche und Smartphone heraus. Beides angenehm warm, aber vermutlich keine Dauerlösung.
Das Foto ist schnell gemacht. Das Telefon kommt wieder zur Wärmflasche, dann kann ich es vielleicht zuhause direkt benutzen und muss es nicht extra auf die Heizung legen.

Ich fahre an der anderen Seeseite zurück. Hauptsache trocken nach Hause kommen. Der Wind weht, die Wärmflasche im Gepäck wärmt und der Regen beginnt.